Newsmeldung

Unwürdiges Schauspiel in der Bundesverwaltung

Bundesrat und Bundesverwaltung haben beim Datenschutzgesetz ein unwürdiges Schauspiel geboten. Während für die Vernehmlassungen kaum Zeit blieb, liess man sich für die Ausarbeitung von Gesetz und Verordnung sehr viel Zeit.

Geschlagene fünf Jahre liess sich der Bundesrat Zeit, um den Entwurf eines revidierten Datenschutzgesetzes auszuarbeiten und im Jahr 2016 endlich in die Vernehmlassung zu schicken. Die Wirtschaft war stark gefordert, sich Gehör zu verschaffen. Denn der Entwurf schoss weit über das eigentliche Ziel hinaus, die Datenschutzgesetzgebung an die «veränderten technologischen und gesellschaftlichen Verhältnisse» anzupassen. Auch sei das Datenschutzgesetz an die Gesetzgebung der Europäischen Union und des Europarates anzupassen, damit diese die Schweiz weiterhin als Drittstaat mit angemessenen Datenschutzniveau anerkennen und die grenzüberschreitende Datenübermittlung auch in Zukunft ohne weitere Hürden möglich bleibe. Doch der Bundesrat schoss weit über dieses Ziel hinaus. So weit, dass das Parlament die Gesetzesvorlage in zwei Teile stückeln musste, um die zwingende Anpassung der polizeilichen Bestimmungen noch einigermassen rechtzeitig hinzukriegen. Ansonsten hätten wir riskiert, von der internationalen Polizeidatenbank abgenabelt zu werden.

Der perfektionistische «Swiss Finish» des allgemeinen Datenschutzgesetzes sah dann trotzdem vor, vor allem den KMU gewaltige Steine in den Weg zu legen, die ausser Kosten gar nichts gebracht hätten. Zudem wurde von Regierung und Verwaltung wiederum ordentlich Druck gemacht, das Gesetz zügig durchzuberaten, nachdem man selbst den Termin verschlafen hatte. Sonst drohe ein Debakel wie bei der Ende 2019 von der EU einseitig aufgekündigten Börsenäquivalenz. In den sich über drei Jahre erstreckenden parlamentarischen Beratungen konnte dank einer geeint auftretenden Wirtschaft das Schlimmste verhindert werden, mit dem erzielten Kompromiss lässt es sich einigermassen leben. 

Nach der Schlussabstimmung in den beiden Räten am 25. September 2020 ging das Spiel aber von vorne los. Die Vernehmlassung zur Verordnung zum Datenschutzgesetz wurde mit grosser Verspätung eröffnet. Zugleich wurde wieder die Zeitkarte gespielt. Schon Mitte 2022 sollte die Verordnung in Kraft treten. Das Abgabedatum vom 3. März 2022 machte Stellungnahmen nur unter grossem Zeitdruck möglich. Wer geglaubt hatte, nun werde in Gesetzestreue wenigstens eine Verordnung vorgelegt, die die Anliegen des Parlamentes punktgenau umsetzt, rieb sich die Augen. Der Entwurf schafft Regeln, die von der Legislative entweder ausdrücklich abgelehnt wurden, oder diese wurden so interpretiert, wie es nie gedacht gewesen war. In der Vernehmlassung hat die Wirtschaft diesen erneuten Swiss Finish einhellig abgelehnt und die ersatzlose Streichung der entsprechenden Paragraphen verlangt. Das gilt nicht minder für den völlig unnötigen Zeitdruck auf Politikerinnen und Politiker im Gesetzgebungsprozess. Wie Hohn wirkt nun die Ankündigung aus dem Bundesamt für Justiz, es sei «vorgesehen, das neue Datenschutzrecht «auf den 1. September 2023 in Kraft zu setzen». Der dafür «notwendige Entscheid des Bundesrates» müsse noch erfolgen. 

Es müssen zwei Lehren aus diesem unwürdigen Schauspiel gezogen werden. Es darf nicht sein, dass eine Verwaltung und eine Regierung zeitlichen Druck auf die Legislative und Interessensgruppen ausübt, nur um sich dann selber alle Zeit der Welt zu lassen. Und es darf nicht sein, dass durch die Hintertür einer Verordnung Regeln erlassen werden, die es im Gesetz gar nicht gibt. Das wirksamste Mittel gegen dieses an Willkür grenzende Gebaren wäre das Verordnungsveto, das es dem Parlament wie bei einer Referendumsabstimmung erlauben würde, eine so nicht gewünschte Verordnung zu versenken.

Raoul Egeli, Präsident Verband Creditreform