Newsmeldung

Konsumentenstimmung auf dem Tiefpunkt

Die vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO erhobene Konsumentenstimmung erreicht einen Tiefpunkt. Zu schaffen machen vor allem die düsteren Konjunkturprognosen und, angesichts der Teuerung, Ängste vor grossen finanziellen Einbussen. Einzig die Lage am Arbeitsmarkt wird weiter positiv eingeschätzt.

Viel schlimmer kann es nicht kommen, mochte man vor zwei Jahren gedacht haben, als endgültig klar wurde, dass der Ausbruch der Covid 19 – Pandemie nur noch mit äusserst restriktiven Einschränkungen des wirtschaftlichen und alltäglichen Lebens bewältigt werden konnte. Im April 2020 sank die vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO erhobene Konsumentenstimmung auf einen Tiefstwert von minus 39 Punkten. In den Jahren zuvor hatte dieser sich stets um Null herum bewegt, was in etwa die klassische, zwischen Zurückhaltung und Zuversicht pendelnde Haltung eines Grossteils der Bevölkerung abbildete. Das war einmal. Seit dem Tiefstand schwankt die Konsumentenstimmung zwischen den Extremen. Bis Mitte des Vorjahres, als sich die Pandemie ausgetobt zu haben schien, stieg der Wert auf plus zehn, nur um sich danach, als im Spätherbst klar wurde, dass es noch nicht vorbei war, erneut abzustürzen. Seither geht es nur noch ungebremst abwärts. Im Juli 2022 erreicht die Konsumentenstimmung minus 42 Punkte. Aus guten Gründen. So erwarten Konsumentinnen und Konsumenten, wie alle Prognostiker der wirtschaftlichen Entwicklung, eine Eintrübung. Fast scheint es, der perfekte wirtschaftliche Sturm stünde bevor. Die beiden grossen Treiber der Weltwirtschaft, China und die USA, stehen, aus verschiedenen Gründen, am Abgrund einer Rezession. Die Teuerung erreicht in den westlichen Industriestaaten Ausmasse, wie sie seit fünf Jahrzehnten nicht mehr registriert wurden. Dazu beigetragen haben wesentlich die Notenbanken, die die Inflationsentwicklung zu wenig ernst nahmen und diese zu spät mit Zinserhöhungen zu bremsen suchen. Umso dramatischer scheint nun die Bremsspur auszufallen. In der Schweiz macht der rekordstarke Franken laut dem aktuellen Raiffeisen Einkaufsmanagerindex KMU PMI vor allem den exportorientierten Betrieben zu schaffen, die sich zudem nach wie vor mit Lieferkettenproblemen und dem Arbeitskräftemangel herumschlagen. Auch das jüngste Konjunkturbarometer der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich gibt keinen Anlass zu Optimismus. Nach einem starken Rückgang im Mai und einen moderaten im Juni beschleunigt sich der Abstieg wieder. Aktuell liegt der Indexstand bei 90,1 Punkten, das sind annähernd zehn Punkte unter dem langjährigen Durchschnitt von 100.  «Die Schweizer Konjunktur dürfte sich im Herbst harzig entwickeln», heisst es in der Pressemitteilung lakonisch. Die Credit Suisse hat ihre Konjunkturprognose eben, unter der Voraussetzung, dass die russischen Gaslieferungen weiter stark eingeschränkt bleiben, eben nach unten revidiert. Für dieses Jahr wird noch ein Wachstum von einem Prozent erwartet, nächstes Jahr wären es danach noch 0,6 Prozent. In den perfekten Sturm würden sich, was wenig wahrscheinlich, aber nicht auszuschliessen ist, die Windböen eines Wiederaufflammens von Covid 19 mit einer neuen, gefährlicheren Virusvariante, die zu erneuten Lockdowns führen könnte.

Es gibt also mehr als genug Gründe zu grosser Besorgnis. In den Pessimismus der Konsumentinnen und Konsumenten mischen sich Sorgen, ja Ängste um die eigene finanzielle Lage. So liegt schon der SECO-Index zu den Finanzen der Vergangenheit so tief wie zu Beginn der 1990er-Jahre, als ein grosser Immobiliencrash eine jahrelange Blasenbildung abrupt beendet hatte. Das scheint aktuell durchaus denkbar, auch wenn die Mehrheit der Expertinnen und Experten nach wie vor von einer sanften Landung ausgehen. Dramatisch muten nach der Selbsteinschätzung die Perspektiven zur finanziellen Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher an, die den bisherigen Tiefststand vom Januar 1995 nochmals deutlich unterschreiten. Im Widerspruch dazu steht auf den ersten Blick die Annahme, dass auf dem ausgetrockneten Arbeitsmarkt unverändert gute Aussichten bestehen, eine Stelle zu finden. Doch es könnte so oder so auch anders kommen, oder, um es mit den Worten von Martin Neff, Chefökonom Raiffeisen, auszudrücken: Ich hatte einmal das Gefühl, es liessen sich gewisse Ungleichgewichte – oder Veränderungen – prognostizieren, doch zum baldigen Ende meiner aktiven Jahre hin muss ich eingestehen, dass die Wirtschaft noch viel unberechenbarer ist, als man sich das nur vorstellen kann.»

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