Die Pandemie trifft die Schwachen
Die Covid-19-Pandemie hat vor allem die Lebensbedingungen der Personen mit niedrigen Einkommen verschlechtert. Das zeigt eine Auswertung des Bundesamtes für Statistik.
(Urs Fitze) Knapp jede achte Person in der Schweiz musste sich in der ersten Hälfte des Jahres 2021 mit dem teilweise harten Lockdown mit einem pandemiebedingt niedrigeren Einkommen abfinden. Besonders betroffen waren dabei Menschen, die im Gastgewerbe und der Hotellerie beschäftigt sind, wo über ein Drittel der Beschäftigten Einkommenseinbussen verkraften mussten. Diese Daten erhebt das Bundesamt für Statistik quasi in Echtzeit auf der Basis von 900 Haushalten, deren Befindlichkeit laufend abgefragt wird. Diese «experimentelle Statistik» beruht also auf der persönlichen Einschätzung der Befragten – eine Art Stimmungsbarometer. Unter Einkommenseinbussen leidet auch ein Fünftel jener, die ihr Einkommen als niedrig einschätzen.
Das illustriert, dass sich die Schere zwischen reich und arm während der Pandemie weiter geöffnet hat. Denn der Anteil der Menschen, die leicht oder gar sehr leicht über die Runden kommen, ist zwischen 2019 und 2021 von 48 auf 58 Prozent gestiegen. Das hat wesentlich mit dem pandemiebedingt erzwungenen Verzicht auf Restaurant-, Sportereignis- oder Kinobesuche zu tun. Praktisch sämtliche Freizeitaktivitäten waren eingefroren. Die Gesundheitskrise zeitigt aber auch negative Folgen für die psychische Gesundheit der Bevölkerung. So geben 40 Prozent der Befragten an, die Pandemie habe sich negativ auf ihre Stimmungslage ausgewirkt. Überproportional hoch ist mit 58 % der Anteil bei den jungen Leuten unter 25. Pensionierte ertrugen die Einschränkungen weit besser. Nur jeder vierte klagt über eine verschlechterte Stimmung. Schlecht fühlten sich aber auch viele Akademiker (44,8 %) und Besserverdienende (45,1 %). Das mag daran liegen, dass mehr als zwei Drittel der Befragten in diesen Bevölkerungsgruppen gezwungen waren, sich in die Isolation des Home Office zurückzuziehen. Bei Menschen ohne Berufsausbildung, sie dürften wesentlich dazu beigetragen haben, dass an den Kassen der Nation auch im Lockdown die Einkäufe abgerechnet wurden, betrug dieser Anteil nur 17 Prozent. Und während bei den oberen Einkommensklassen und Menschen mit guter Berufsbildung die Angst, den Arbeitsplatz zu verlieren, deutlich abgenommen hat, sind es wiederum jene mit niedrigen Löhnen oder ausländischen Pässen, die noch immer darum zittern.
Und doch darf im Grossen und Ganzen von einer Bevölkerung berichtet werden, die mit ihrem privaten Leben und auch ihrer Gesundheit so zufrieden ist wie vor der Pandemie. Und selbst der hohe Anteil der Glücklichen hat nur leicht von 79 auf 74 Prozent abgenommen. Die gefühlt unter Dauerbeschuss stehenden Politikerinnen und Politiker erhalten gar bessere Noten als vor der Pandemie. Das mag vielleicht daran liegen, dass gerade in diesen Zeiten wieder bewusst wird, worauf es wirklich ankommt im Leben.